Es gab im Januar 2017 eine Phase in meinem Leben, wo ich mein MTB nicht mehr sehen konnte. Aber was konnte ich tun? Es blieb nur eine Möglichkeit….na klar, ich melde mich für den Ironman in Hamburg an. Gesagt getan….ich zückte meinen Laptop und tippte mit zitternden Fingern meinen Namen ein. Nach einem weiteren Bier und mittlerweile einer zitternden Hand (das Bier beruhigte nicht) drückte ich auf „Enter“ und war von jetzt auf gleich angemeldet.
Anfangs wollte ich es erst einmal für mich behalten. Wer glaubt denn schon, dass der Bergbüffel Stephan einen Ironman bewältigen kann ? Nachdem meine Frau Kim und ich meinen Kumpel Andreas Niedrig (er ist Profi-Triathlet) im Baumarkt getroffen haben und einer von uns zweien (ich war es nicht) direkt los posaunt hat was ich vorhabe, war mir eins klar……mein Vorhaben ist ab heute kein Geheimnis mehr. Also erzählte ich es jedem und erhöhte somit natürlich den Druck.
Acht Monate trainierte ich mehrmals in der Woche auf diesen einen Tag hin. Die Motivation war anfangs unglaublich groß, ließ aber mit der Zeit nach, kam wieder zurück, war wieder weg, kam nochmal zurück und blieb dann glücklicherweise bis zum Ende bestehen.
Am 11.08.2017 machten sich meine Familie und Freunde mit mir zusammen auf den Weg nach Hamburg um mich während des Ironman zu unterstützen. Der Abend vor dem Wettkampf war ziemlich nervenaufreibend. Wenig Schlaf, 4 Uhr aufstehen, ab zur Wechselzone usw. Mein Körper hielt mich in diesem Moment für verrückt. Aber egal….ich habe mich angemeldet und muss da jetzt durch. An die Minuten vor dem Start möchte ich mich ungern zurück erinnern. So viel Muffesausen hatte ich noch nie. Aber mir ging es zum Glück nicht alleine so.
Der Startschuss ertönte und 2500 Athleten sprangen ins Wasser. Die Nervosität? …wie weggeblasen. Es gab nur einen Gedanken über den gesamten Zeitraum…irgendwie ins Ziel kommen. Und das klappte besser als ich gedacht habe. Im Wasser bin ich etwas abseits der Menge geschwommen weil mir die Tritte unter Wasser etwas auf die Nerven gingen. Ich musste zwar aufgrund meiner Taktik ein paar Meter mehr kraulen, hatte aber meinen Rhythmus und fühlte mich über die 3,8km sehr gut.
Die erste Radrunde lief ebenfalls besser als ich dachte. Die Verpflegung auf dem Rad hatte ich im voraus geplant und ich konnte mich super ernähren. Ich hatte nie das Gefühl von Unwohlsein. In der zweiten Runde habe ich dann etwas Tempo rausgenommen, denn ich musste danach ja noch einen Marathon laufen. Somit war ich nach 182km und 6.24Std wieder in der Wechselzone.
Das Ziel kam immer näher und es waren „nur“ noch 42,195km bis auf den roten Teppich. „Das packst Du“, habe ich mir immer wieder gesagt. Meine ersten 20km liefen wie am Schnürchen und ich lief schneller als ich gedacht habe. Meine „Wunschzielzeit“ von unter 12.59 Stunden ist möglich! Naja, was soll ich sagen….der Mann mit dem Hammer kam bei 20,1km und knallte mir mit voller Wucht ins Gesicht. Der Boden der Tatsachen war auf einmal da und meine Beine machten zu. Der Magen rebellierte und es wurde ein großer Kampf die letzten Kilometer zu überstehen. Komischerweise fing der Wettkampf in diesem Moment an richtig Spaß zu machen. Irgendwie mochte ich die Schmerzen, die Schritt für Schritt mehr wurden, mich dem Ziel aber immer näher brachten.
Nach weiteren 20 Kilometern hörte ich die Zuschauer und die Moderatoren. Alle Schmerzen waren vergessen, ich lief über den roten Teppich und der Moderator sagte: „You are an Ironman“!
Nach 13:53:22 Std. kam ich überglücklich ins Ziel.
Stephan Große